„Vergangenes historisch artikulieren heißt (…), sich einer Erinnerung bemächtigen, wie sie im Augenblick einer Gefahr aufblitzt.“
(Walter Benjamin)
Einleitend: ein Schritt zurück in die Zeit zwischen 1925 und 1938
Aufgabe dieses Textes ist es, einige Überlegungen zum Verhältnis zwischen „autoritärem Ständestaat“ und katholischer Soziallehre anzustellen, die den theologiegeschichtlichen Strang in jenem Prozess erhellen sollen, der schließlich zum sog. „Anschluss“ Österreichs an das „Deutsche Reich“ und in der Folge zur Aufhebung der Katholisch-Theologischen Fakultät in Salzburg 1938 führte. Meine These dazu: Der Weg dorthin war nicht ausschließlich von der Gegnerschaft der Kirche zum Nationalsozialismus, sondern durchaus von erheblichen Ambivalenzen in deren Verhältnis zu staatlichem Autoritarismus und „halbfaschistischen“ Strukturen geprägt. Um diese These zu erläutern, ist es erforderlich, sich auf das Feld der Geschichtswissenschaften zu begeben, und diesen Abschnitt der Theologiegeschichte in seinen gesellschaftlich-politischen Kontext zu stellen. Ich befasse mich also in diesem Zusammenhang mit dem Teilaspekt einer – wie Ernst Hanisch sie bezeichnet hat[1] – „mittelfristigen Ursache“ für den „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland. Ich möchte einen Abschnitt aus einem Artikel der „Österreichischen Arbeiterzeitung“ – dem „Zentralorgan der christlichen Arbeiter- und Angestelltenbewegung“ – zum Christkönigsfest 1934 (27. Oktober 1934) an den Anfang stellen:
„In einer großen Stunde feiert Österreich dieses Jahr das Fest des Königtums Christi. Wenn irgendwo dieses Fest erhöhte Bedeutung gewonnen hat, dann in Österreich, das Christus zu seinem Führer und König erwählte; in Österreich, das gewillt ist, sich der Herrschaft Christi zu unterwerfen; in Österreich, das die Totalität des Christentums verwirklicht.“[2]
Weiterlesen „„Ambivalenzen auf dem Weg zum März 1938“. Katholische Soziallehre und autoritärer Ständestaat.“