Sprachlos angesichts des Krieges? Zu einer theologischen Kritik des Sprechens vom Krieg

Alois Halbmayr / Josef P. Mautner

In: Münsteraner Forum für Theologie und Kirche

Der Überfall der Armee der Russischen Föderation auf einen souveränen Staat, mit dem Ziel, diesen Staat von der Landkarte zu streichen oder in einen abhängigen Vasallenstaat zu verwandeln, hat habituierte Narrative und Wahrnehmungsmuster in den Reichtumsgesellschaften Westeuropas und des
westlichen Mitteleuropa scheinbar über Nacht fragwürdig werden lassen. Dass dieses Fragwürdigwerden so plötzlich geschah, hat mit der spezifischen Konstruktion des vorherrschenden eurozentrischen Politikverständnisses zu tun, in dem die Befreiungsbewegungen ehemaliger Länder der Sowjetunion
und von deren Satellitenstaaten vom Trauma stalinistischer und kommunistischer Unterdrückung sowie die Rückkehr der Russischen Föderation unter Wladimir Putin zu einem diktatorischen, neoimperialistisch orientierten Regime nur am Rande wahrgenommen wurden. Der neuerliche Verfall einer in Ansätzen rechtsstaatlichen wie demokratischen Ordnung in der Russischen Föderation, ebenso wie die Verwerfungen der marktwirtschaftlichen „Transformation“, die in den Ländern Ostmittel- und Osteuropas zum Motor für Nationalismen, Rechtspopulismen und sog. „illiberale“ Demokratien geworden sind, wurden in ihrer gesamteuropäischen Bedeutung kaum wahrgenommen. Dasselbe geschah auch weithin mit der Entwicklung der Religionsgemeinschaften und christlichen Kirchen in diesen Gesellschaften. Staatskirchliche Tendenzen in allen Denominationen wie auch eine Theologie, die westliche Lebensformen, Demokratie und Liberalismus als Symptome eines kulturellen Niedergangs und als Glaubensverfall brandmarken, wurden nicht selten als Phänomene einer verspäteten, im besten Fall nachholenden Entwicklungsstufe dieser Gesellschaften betrachtet. Wenn hier und heute Theolog*innen von diesem „europäischen“ Krieg sprechen wollen, werden sie gut daran tun, zunächst ihre Wahrnehmungsvoraussetzungen zu prüfen und gegebenenfalls zu revidieren, bevor sie zu Urteilen oder Antworten auf die Krise dieses erschreckend „nahen“ Krieges kommen.

  1. Ästhetische Wahrnehmung von Krieg und Frieden

Fragen einer ästhetischen Wahrnehmung mit dem Erleben und der Bewertung von kriegerischen Handlungen sowie einem ethischen Friedenspostulat zu verknüpfen, erscheint zumindest paradox. Es wird jedoch schlüssig, wenn man Ästhetik aus ihrer üblich gewordenen Verengung auf die Reflexion des „Schönen“ oder gar nur der Künste herauslöst und sie als Reflexion aller möglichen Formen von Wahrnehmung betrachtet.[1] Ihr Ziel ist dann nicht die verfeinernde Wahrnehmungsschulung im Aneignen „schöner“ Erscheinungen, sondern konkrete und sinnlich geleitete, ganzheitliche Wahr­nehmung von Wirklichkeit, die diese als vorläufige, von Ambiguitäten, Ambivalenzen und Widersprüchen durchzogene zu begreifen vermag. Die innere Logik dieses Zusammenhangs zwischen ästhetischer Wahrnehmung und der Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden zeigt sich, wenn wir – um nur dieses eine Beispiel zu nennen – die bis in die Anfänge schriftlicher Zeugnisse zurückreichende literarische Auseinandersetzung mit Phänomenen von Gewalt, Krieg und Frieden berücksichtigen. Das erste, die gesamte weitere Entwicklung der abendländischen Literatur prägende Zeugnis, die „Ilias“, handelt in hoch differenzierter Weise von einer kriegerischen Auseinandersetzung und entwirft im Rahmen der Darstellung eines „Krieges um Troia“ ein elaboriertes Bild der „conditio humana“. Ebenso ist das „Buch der Bücher“, der Kanon der jüdischen Bibel, angefüllt mit Schilderungen, Erzählungen, Reflexionen von Gewalthandlungen und Krieg. Dem entsprechend sind diese ästhetischen Wahrnehmungszeugnisse von Situationen extremer, häufig institutionalisierter Gewalt auch mit Sollensurteilen verknüpft. Die verschiedensten Verhältnisbestimmungen zwischen ästhetischer Wahrnehmung und ethischen Urteilen sind hier nicht Gegenstand der Erörterung; nur so viel sei festgestellt: Ihre Ambivalenz kann nicht einfach aufgelöst werden: weder durch einen Primat des Ästhetischen – etwa eine Ästhetisierung der Ethik im Sinne einer „ästhetischen Gerechtigkeit“[2] gegenüber dem Heterogenen – noch durch einen Primat der ethischen Sollensziele – etwa im Sinne eines vorschnellen Überspringens der Zwangslogiken kriegerischer Gewalt.[3] Eine ästhetische Wahrnehmung kriegerischer Auseinandersetzungen reflektiert die engen Grenzen, die eskalierte Gewaltsituationen dem Erkennen und dem Wissen um ihre Ursachen, Dynamiken und Akteure setzen. Sie wird ihre Vorläufigkeit, Fehleranfälligkeit und ihren Fragmentcharakter anerkennen und dem ethischen Urteil vermitteln.

Ästhetische Wahrnehmung und ethische Kritik des Krieges werden – so sie sich wechselseitig in ihrer Eigengesetzlichkeit ernstnehmen – weder das Sinnvernichtende systematischer und institu­tionalisierter Gewalt im Krieg zugunsten normativer Friedenszielsetzungen überspringen noch vor der sog. „normativen Kraft des Faktischen“ kapitulieren, durch die aus der Wahrnehmung bestehender Kriegsgewalt auf deren „Normalität“ oder gar „Notwendigkeit“ geschlossen werden könnte.[4] Weder soll das am ethischen Ziel orientierte Wollen, Frieden zu machen, die Wahrnehmung des kruden Faktums kriegerischer Gewalt vernachlässigen und realitätsvergessen pazifistische Normen „herunterbeten“[5] noch wird die ästhetische Wahrnehmung von Ambivalenz und Sinnlosigkeit des Krieges im Pragmatismus einer „Politik des Krieges“ versinken und das ethische Ziel eines Lebens in einem gerechten Frieden aus dem Auge verlieren.[6] Christliche Friedensethik ist sich der Vorläufigkeit der Wahrnehmungen wie der ethischen Urteile, die aus ihnen hervorgehen und eine Wahrnehmung des Krieges gleichzeitig strukturieren, in besonderem Maße bewusst. Sowohl Wahrneh­mungsstrukturen als auch ethische Sollensziele werden von Christ*innen vor dem Hintergrund ihres Glaubens an die kommende radikal neue Wirklichkeit Gottes (vermittelt durch die „Reich-Gottes-Ankündigung“ der Evangelien) als kontingent erfahren. Gleichzeitig erweist sich Reich-Gottes-Glaube und Reich-Gottes-Erfahrung als ein erweiterter Wahrnehmungs- und Handlungsraum,[7] dessen Perspektiven immanente Kriegswahrnehmung und Friedensethik nicht nur als begrenzt und fragil erscheinen lassen, sondern ihnen neue Perspektiven eröffnen können, die sich weder in der Logik vorgefertigter ethischer Urteile noch in der Norm(alität) faktischen Kriegsgeschehens erschöpfen. Sie spiegelt einerseits die Paradoxie zwischen realistischer Wahrnehmung einer Aussichtslosigkeit kriegerischer Handlungen und einer ethischen Forderung nach Frieden als dem einzig Gottes Heilshandeln entsprechenden Lebensraum. Gottes Reich ist sowohl Ziel ethischen Friedenshandelns als auch Grenze menschlichen Wahrnehmens und Handelns, weil es letztlich Gottes ist und sich als Manifestation seines/ihres Wollens und Handelns erweist: „Denn der Mensch und die Welt sind nie vollendet.“[8] Zentrales Merkmal von Gottes Reich und gleichzeitig Bedingung nachhaltigen Friedenshandelns ist, dass ALLE – ihren grundlegenden materiellen und spirituellen Bedürfnissen entsprechend – erhalten, was und wie viel sie brauchen.[9]

  • Was nehmen wir wahr, wenn wir „Krieg“ sagen?

„Im Krieg ist die Wahrheit das erste Opfer“. Dieser Allgemeingut gewordene Aphorismus ist keinem Sprecher, keiner Sprecherin eindeutig zuordenbar. Er ist fälschlich sowohl Aischylos als auch Rudyard Kipling oder Winston Churchill sowie dem kalifornischen Politiker Hiram Johnson zugeschrieben worden. Was ihn für eine große Mehrheit so plausibel macht, ist die Erfahrung, dass in Kriegssituationen Lüge und Täuschung Teil der strategischen Kriegsführung sind.[10] Weit darüber hinaus geht die Erkenntnis, dass generell in eskalierten Gewaltsituationen die Fähigkeit zu differenzierender Wahrnehmung in extremer Weise eingeschränkt ist. Was Wahrheit ist, was zur (Ver)Fälschung gewordene Teilwahrheiten sind, was Fakten entspricht und was schlicht kontrafaktisch ist – es ist in Kriegssituationen für alle Beteiligten wie auch für die nicht direkt Beteiligten schwer zu unterscheiden. Alle Kriegsparteien wie auch alle Beobachter*innen entwickeln einen eingeschränkten, fragmentierten Blick auf das Geschehen des Krieges, und dem entsprechend können auch alle moralischen, ethischen wie (völker-)rechtlichen Beurteilungen einer perspektivischen Verzerrung unterliegen, die es gilt, immer wieder (selbst)kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus gilt es aber auch, der bewussten Vernebelung von Fakten entgegenzutreten und jene Fakten als Fakt zu benennen, die als solche klar erkennbar sind. Um ein Beispiele herauszugreifen: Es steht außer Frage, dass die Russische Föderation einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen einen souveränen Staat führt und das russische Militär mit dem gezielten Bombardement gegen zivile Einrichtungen und Wohnviertel in ukrainischen Städten laufend und systematisch Kriegsverbrechen begeht. Dass vom russischen Militär in Butscha und in anderen kurzzeitig besetzten Orten der Ukraine wehrlose Zivilist*innen[11] ermordet wurden, kann – trotz heftiger Dementis von russischer Seite – mittlerweile ebenso als erwiesen gelten.[12]

Der amerikanische Schriftsteller Phil Klay, der sich seit über einem Jahrzehnt mit kriegerischer Gewalt und ihren Folgen beschäftigt, kommt zu dem Urteil, dass der Krieg, der mit dem Überfall der Russischen Föderation begann, auf Seiten der Ukraine „ein so klarer Fall von gerechtem Widerstand ist, wie man ihn sich nur wünschen kann“[13]. Das ist für uns – wie auch für eine große Mehrheit der Menschen im westlichen Europa – eindeutig richtig. Dennoch: Was ungerechte oder zu rechtfertigende Gewalt ist, lässt sich nie endgültig vereindeutigen. Dualismen, mit denen wir Eindeutigkeit der Wahrnehmung erzeugen wollen, bringen immer die Gefahr mit sich, Menschen auf der anderen Seite nur mehr als zu vernichtende „Feinde“ wahrzunehmen oder sie zu dehumanisieren. Einerseits: Am 3.4.2022 veröffentlichte die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA einen Meinungsbeitrag[14], der in seiner Härte bisher beispiellos war: Darin wird festgestellt, dass erhebliche Teile der ukrainischen Bevölkerung „Komplizen des Nationalsozialismus“ seien; man spricht von einer notwendigen „Entnazifizierung“, die gleichzeitig eine „Entukrainisierung“ bedeute: „Die Eliten-Bande muss liquidiert werden, ihre Umerziehung ist unmöglich. Der gesellschaftliche ‚Sumpf‘, der sie aktiv und passiv unterstützt, muss die Härten des Krieges durchmachen.“[15]  Andererseits: Was ist mit den im Kontext begeisterter Kommentare geteilten Bildern russischer Soldaten, die im Verlauf der Kampfhandlungen getötet wurden: junge Männer, von denen viele nicht einmal wussten, dass sie in einen Krieg befohlen wurden? Oder: Sind die russischen Soldaten tatsächlich jene „Orks“ – also unmenschliche Kreaturen im Dienst der Mächte des Bösen -, als die sie der Gouverneur der ukrainischen Stadt Mykolajiw, Vitaly Kim, in Telegram-Videos bezeichnet hat[16]? Andererseits: Ist dieser Ausdruck verzerrter Wahrnehmung nicht auch verständlich – angesichts der extremen kriegerischen Gewalt, der seine Stadt und ihre Bewohner*innen seit dem Beginn der russischen Invasion ausgesetzt sind?

Eine der destruktivsten Formen der verzerrenden Wahrnehmung in Situationen eskalierter Gewalt ist das Konstrukt eines Selbst, das in der Verneinung der Anderen besteht: „Jeder Russ‘ ein Schuss!“ – „Die Ukraine ist ein Nazistaat.“ – „Schwule sind abartig.“ – „Radikale Muslime gehören ausgewiesen.“ Es ließen sich noch viele Beispiele anfügen. Die Entwicklung „kontradistinktiver Identitäten“[17] ereignet sich nicht erst im Moment der Eskalation. Sie baut sich langsam und in mehreren Schritten innerhalb einer Gesellschaft auf. Keine Gesellschaftsform ist vor ihr gefeit. Auch in demokratischen Staaten mit einer strikten Teilung und Eingrenzung der Gewalten kann eine solch schleichende Auslöschung des Respekts vor Menschen mit verschiedenen Identitätsmerkmalen zu einer Atmosphäre struktureller wie direkter Gewalt führen.

Die Ebenen von Sehen und Be- bzw. Verurteilen sind in der Gefahr zu verschwimmen. In der durch eskalierte Gewaltsituationen verkürzten Wahrnehmung tendiert das Urteilen vorschnell zu werden und einen ganzheitlichen Blick auf das Geschehen zu verhindern. Denn wie nirgends sonst wird unser Wahrnehmen im Krieg bis ins Extrem von perspektivischen Ausrichtungen oder auch Verkürzungen bestimmt. Das banale Faktum, dass der Standort der Wahrnehmenden ihre Perspektive bestimmt und diese Perspektive die Wahrnehmungsform des zu Sehenden, kann im Kriegsgeschehen existentiell sein: Die in Mariupol verbliebenen Bewohner*innen haben eine radikal andere Perspektive auf den Krieg als wir, die wir ihn von unserem sicheren Wohnzimmer aus verfolgen. Bürger*innen in Grenzregionen der Republik Moldau sind in ganz anderer Weise Beobachtende des Kriegsgeschehens als es beispielsweise Studierende der Universität Oxford sind. Beteiligte wie Beobachter*innen verfallen allzu leicht dem durch ein Vor-Urteil verkürzten Sehen, das die Ambivalenzen, Widersprüchlichkeiten und die Uneinsichtigkeit kriegerischer Ereignisfolgen verleugnet. Wahrnehmung im Kontext eskalierter Gewalt tendiert dazu, ambivalenzfeindlich zu werden. Dabei geht es nicht mehr nur um die vielfach beschworene „Ambiguitätstoleranz“. Was eine möglichst der Wirklichkeit gemäße Wahrnehmung des Krieges von uns fordert, ist mehr als nur das Aushalten vorläufiger Widersprüche, von denen wir zu wissen glauben, dass sie sich irgendwann (am „erlösenden Ende“) doch wieder auflösen werden.

Die Wirklichkeit aller Kriege zeugt von der Armut unseres Wissens. Wir erhalten über Instagram, Telegram-Videos etc. Bilder, Worte und Töne des Krieges in Echtzeit. Doch durch diese Flut an Information werden wir eher unseres Wissens beraubt, als dass es vermehrt, v.a. vertieft würde. Außerdem gehört es zum Wesen kriegerischer Gewalt, dass sie kulturelle Deutungen, Muster und Gewissheiten zerstört. Sie erzeugt einen leeren Raum, in dem nichts mehr wächst als Angst, Ohnmacht, Unsicherheit und Wut. Es ist der Raum überwältigender Sinnvernichtung, unauflösbar gewordener Ambivalenzen, die sich auch erzählerisch nicht an ein er-lösendes Ende bringen lassen. Kriege machen keine Geschichte, sie vernichten die Geschichte von Menschen und Völkern. Die Geschichte eines individuellen Schicksals soll dieses sinnvernichtende Potential des Krieges verdeutlichen: Boris Romantschenko ist einer von vielen Zivilisten, die in ihren Wohnungen in Charkiw durch Geschosse der russischen Armee getötet wurden. Er starb im Alter von 96 Jahren, nachdem er im Laufe seines Lebens vier Konzentrationslager der Nazis überlebt hatte. 1942 war er als Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden. Nach einem Fluchtversuch kam er ins KZ Buchenwald sowie in drei weitere KZs. Während seines ganzen weiteren Lebens engagierte er sich als Zeitzeuge gegen Krieg, Gewalt und Faschismus. Im April 2015 sprach Romantschenko auf dem Gelände des ehemaligen KZ Buchenwald das Gelöbnis der Überlebenden in russischer Sprache: „Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal.“

Das Sprechen über den Krieg ist vielfach nichts anderes als ein „Plappern“[18], ein Ausdruck von Sprachlosigkeit. Ein Geschehen wie Krieg, dem sich kein Sinn zuschreiben lässt, weil es diesen Sinn in seinem Fortlauf wieder vernichtet bzw. Lügen straft, lässt sich nicht besprechen. Und dennoch ruft das Vakuum des Krieges, sein sinnentleerter Raum einen mächtigen Sog an Sinnzuschreibungen hervor: solche, die versucht sind, ihn zu legitimieren, wie auch solche, die versuchen, ihm jede Legitimation zu entziehen. Die Leere des Krieges ruft immer wieder die großen „Antwortmaschinen“ der Menschheit auf den Plan: Weltanschauungen, Ideologien und Religionen werden aufgerufen oder fühlen sich berufen, dieses Sinnvakuum mit Antworten zu füllen. Eine Vielzahl von Geistes- und Sozialwissenschaftler*innen, Philosoph*innen, Theolog*innen etc. verfertigen Antwortversuche, Theoriefragmente oder Analysetools, um das Unerklärliche zu erklären.

Hier können wir nochmals auf den am Anfang zitierten Aphorismus von der Wahrheit als erstem Opfer des Krieges zurückkommen: Er offenbart seine Zwiespältigkeit nicht nur durch seine fälschliche Zuschreibung an Klassiker oder Politiker als dessen Autoren, sondern er führt auch einen inneren Widerspruch in seiner bloßen Aussage mit. Denn nicht erst im Krieg stirbt die Wahrheit; DIE „Wahrheit“ als einheitliches, stringentes Attribut von Wirklichkeit gibt es auch vor und außerhalb von Kriegen nicht.

Darüber hinaus existiert eine Art perverser ästhetischer Anziehungskraft des Krieges. Als scheinbar reines Erleben gibt er vor, die unverstellte Existenz zum Vorschein zu bringen: töten oder getötet werden.[19] In Wahrheit jedoch ist er die Vernichtung jeglicher Voraussetzung von Existenz: von Leben, Zärtlichkeit, Zuwendung oder Fürsorge. Darüber hinaus gibt es im Feld der sog. „Realpolitik“ eine Tendenz, zu „faustischen Pakten“. In der sich selbst eskalierenden Dualität kriegerischer Vorgänge geht nicht selten der Kompass für ethisch richtiges Handeln verloren und mit ihm die moralischen Schranken in der Wahl von Verbündeten. „Saddam ist ein Hundesohn, aber er ist unser Hundesohn“, schrieb der Repräsentant der CIA im Irak im Juli 1979 nach Washington. Solche dem „Wir“ zugeordnete „Hundesöhne“ gab es in der Geschichte der USA und ihrer Verbündeten viele: von den lateinamerikanischen Diktatoren über Saddam bis zu den Taliban und darüber hinaus. In dem durch den russischen Überfall auf die Ukraine veränderten internationalen Koordinatensystem ist die Allianz der NATO-Staaten auf Gefälligkeiten der Regierung des polnischen Staates angewiesen, dem vor kurzem wegen massiver Verstöße gegen rechtsstaatlich-demokratische Prinzipien der Zugang zu EU-Mitteln gesperrt wurde. Die neue Annäherung an ein autoritäres Regime wird dessen „postdemokratisches“ Selbstverständnis nicht verändern, sondern nur bestärken: „Am 10. März erklärte der Verfassungsgerichtshof, eine mit Kaczyńskis Loyalisten besetzte Scheininstitution, wichtige Regeln der Europäischen Konvention für Menschenrechte für verfassungswidrig. So wurde Polen – neben Russland – zum einzigen europäischen Land, das gegen das wegweisende europäische Menschenrechtsabkommen von 1950 verstieß“, stellt Maciej Kisilowski, Professor für Rechtswissenschaften an der Central European University, in aller Nüchternheit fest.[20]

Kriege werden von den Außenstehenden in der Regel durch ein Fernglas betrachtet. Durch dieses Fernglas lässt sich – wie im Falle der Ukraine – eine (über)große mediale Nähe erzeugen. Durch das Fernglas der Betrachter*innen kann ein Krieg aber auch weit, weit weggerückt werden – wenn man es verkehrtherum hält; so geschieht es regelmäßig im Fall der vielen „außereuropäischen“ Kriege. Eine vergleichgültigende Wahrnehmung von Kriegen wird sowohl durch zu große Nähe als auch durch Distanz hervorgerufen. Wer hat im Schatten der weltweiten Pandemie die sog. „vergessenen Kriege“ und deren Opfer in Afrika wahrgenommen, etwa: mehr als 5,5 Millionen Vertriebene des Krieges in der Demokratischen Republik Kongo, den bewaffneten Konflikt in Kamerun mit mehr als einer Million Binnenvertriebenen oder die Kämpfe im Norden von Mosambik, wo 856.000 Menschen fliehen mussten?[21]  Es käme einer nicht nur wahrheitswidrigen, sondern auch gefährlichen Vereinfachung gleich, sich in der habituell  gewordenen eurozentrischen Verengung unserer Wahrnehmung nur auf den einen „europäischen“ Krieg zu konzentrieren und die anderen abzutun, als gingen sie uns nichts an, als beträfen sie uns nicht. Dem entspricht auch das aktuelle „framing“ der Flüchtlingsaufnahme in Österreich, wo die menschenrechtliche Verpflichtung zur Asylgewährung als „Nachbarschaftshilfe“ verniedlicht wird: eine Hilfe, die ohne bindende Verpflichtung bleibt, ein Akt der „Barmherzigkeit“. Hier lässt sich mit Hannah Arendt fragen: Was ist, wenn – was abzusehen ist – die Barmherzigkeit „an ihr natürliches Ende“ kommt? Außerdem schließt diese Form von „framing“ im Umkehrschluss Geflüchtete aus anderen Herkunftsländern, die nicht als „Nachbarn“ Österreichs gelten, aus. Im Kontext einer globalisierten Welt hat jeder regionale bewaffnete Konflikt wie auch jeder „klassische“ Krieg zwischen Nationen eine globale Dimension. Phil Klay dazu: „Am Ende meines Romans [„Den Sturm ernten“] gibt es eine Szene, in der ein kolumbianischer Söldner auf einem emiratischen Luftwaffenstützpunkt durch das Fernrohr einer chinesischen Drohne schaut, die über schwedische Technologie mit einem Piloten kommuniziert, der eine Bombe auf jemenitische Stammesangehörige abwirft.“[22] Im Krieg in der Ukraine kämpfen auf russischer Seite neben tschetschenischen Einheiten auch Soldaten aus dem syrischen Bürgerkrieg. Nach Pressemeldungen sollen auf ukrainischer Seite ca. 22.000 Söldner aus 52 Nationen im Einsatz sein.[23] Außerdem kommen FIM-Stinger Flugabwehrraketen aus den USA und aus Deutschland, Kampfdrohnen aus der Türkei sowie Panzerabwehrwaffen, Raketenwerfer Sturmgewehre und Munition aus Schweden, Finnland Norwegen und Großbritannien zum Einsatz.[24] Papst Franziskus hat in seiner kompromisslosen Kritik des Überfalls auf die Ukraine mehrfach auf diese globale Dimension von Kriegen hingewiesen; er bezeichnet den Krieg als „die Frucht der alten Logik der Macht, die immer noch die sogenannte Geopolitik beherrscht. Die Geschichte der letzten siebzig Jahre beweist es: An regionalen Kriegen hat es nie gefehlt. Deshalb habe ich gesagt, dass wir uns im Dritten Weltkrieg befinden, stückchenweise, überall ein bisschen.“[25]

Auch wenn man den Kampf der Ukrainer als gerechtfertigte Verteidigungsreaktion auf einen illegitimen Angriffskrieg betrachtet, so ist militärische Verteidigung nicht die einzig ethisch richtige oder nachhaltig vernünftige Haltung. Weder die von Einzelpersonen noch die von Staaten. Mit dem Verbot für „waffenfähige“ Männer zwischen 18 und 60, das Land zu verlassen, macht die ukrainische Regierung die militärische Option zur einzig richtigen und reißt auch jene Familien auseinander, deren Männer nicht kämpfen wollen oder können. Auch hier gibt es einen Widerspruch, der benannt werden will und der sich nicht einfach auflösen lässt. Darüber hinaus: Sicherheit ist einer der höchsten Werte, den Staaten gemäß ihrem Selbstverständnis ihren Bürger*innen zu bieten haben. Ein in kriegerische Auseinandersetzungen eskalierter Konflikt treibt die beteiligten Staaten auf der Ebene der internationalen Beziehungen in ein sog. „Sicherheitsdilemma“[26] – ein Teufelskreis, bei dem konkrete Maßnahmen militärischer Aufrüstung, die ein Militärbündnis oder ein einzelner Staat unternehmen, um ihre Sicherheit zu erhöhen, automatisch die Sicherheitslage des Gegenübers verschlechtern, auch wenn diese Schritte rein defensiv gedacht sind. In einer rein auf militärische Sicherheit ausgerichteten Logik wird also das Gegenüber als Reaktion darauf ebenfalls Aufrüstungsschritte setzen, die wiederum die Sicherheitslage des ersteren verschlechtern und ihn/sie zu weiteren Aufrüstungsschritten zwingt. Eine solche aus einem „Sicherheitsdilemma“ resultierende Aufrüstungsspirale hat der Angriffskrieg der Russischen Föderation hervorgerufen.[27] Dem entsprechend sind auch Waffenlieferungen nicht die einzige, vielleicht nicht einmal die richtige Option der westlichen Länder, um die Ukraine zu unterstützen: Neutrale Staaten wie Schweden oder Finnland liefern Waffen. Andere neutrale Länder wie die Schweiz oder Österreich wollen und können militärisch neutral bleiben, d.h. sie wollen und können ihre Ressourcen auf humanitäre Hilfe konzentrieren und bündeln. Was jedoch in jedem Fall fragwürdig ist und noch einer weiteren kritischen Auseinandersetzung bedarf: wie europäische Staaten in einem bislang ungeahnten Ausmaß Wiederaufrüstung betreiben und sich so unreflektiert in die Logik von Gewalt und Gegengewalt eingliedern. Handeln für den Frieden beginnt dort, wo wir uns der Ohnmacht unserer Wahrnehmungen stellen, nicht sofort wissen, was gut und böse ist, uns nicht in bequeme, polarisierende Stereotype hineinbegeben und die Heimatlosigkeit jener aushalten, die mit den Widersprüchlichkeiten einer von Kriegen durchzogenen Welt leben, ohne sie uns und anderen möglichst rasch wegerklären zu müssen.

  • Ist die kirchliche Lehre vom gerechten Krieg überholt?

Unmittelbar nach dem Überfall der Russischen Föderation wurden verstärkt Stimmen laut, die eine umgehende Revision der kirchlichen Friedensethik forderten. Diese richteten sich an beide großen Konfessionen, gehen doch ihre Grundausrichtungen in die gleiche Richtung. Daniel Deckers schrieb in der FAZ unter dem Titel In der Wirklichkeit angekommen: „Gemeinsam müssen sich die Repräsentanten der Kirchen in Deutschland aber fragen lassen, ob sie mit ihren aktuellen Einlassungen gegen Krieg und für Frieden, mit ihrer jahrzehntelangen Diskreditierung von Rüstungsanstrengungen sowie der Glorifizierung einer postheroischen Gesellschaft im Namen christlich gebotener Gewaltlosigkeit nicht genau jene Gesinnungen gefördert haben, die die deutsche Politik blind gemacht haben für die Abgründe von Realpolitik. »Theologie nach Auschwitz« war leider immer schon mehr als eine Metapher.“[28] In ähnlicher Weise mehren sich auch innerhalb der theologischen Zunft die Forderungen nach einer grundlegenden Revision bisheriger Positionen. Johannes Fischer, langjähriger Professor für Systematische Theologie und theologische Ethik in Basel und Zürich, spricht von einem „Scherbenhaufen“, zu dem die offizielle Friedensethik der EKD geführt habe.[29]

Hinter dem Begriff der christlichen Friedensethik verbirgt sich einerseits die klassische Debatte nach der Legitimität, den Möglichkeiten und Grenzen eines gerechten Krieges (bellum justum), andererseits aber auch die Neuorientierung bzw. Weiterentwicklung, die diese traditionsreiche Lehre insbesondere im 20. Jahrhundert erfahren hat, hin zu einem gerechten Frieden (pax justa). Dieser Perspektivenwechsel ist keine Neuerfindung, sondern bereits im Konzept des gerechten Krieges angelegt. Dessen Ursprünge reichen bis in die Antike zurück. Platon und Cicero etwa formulierten im Rahmen ihrer Staatslehren erste Bedingungen für die Legitimität eines (gerechten) Krieges, entwickelten Kriterien, die trotz veränderter Rahmenbedingungen bis heute in ihren Grundzügen Gültigkeit beanspruchen können. Durch Augustinus, die Scholastik, Luther, Spätscholastik und später dann durch die neuzeitlichen völkerrechtlichen Debatten kamen weitere Kriterien hinzu: Ein Krieg darf nur erfolgen, wenn andere Versuche der Streitbeilegung misslungen sind (ultima ratio), er kann nur eine Reaktion auf erlittenes Unrecht sein, keinesfalls ein Angriffskrieg (causa justa), er bedarf formal einer (staatlichen) Legitimität (legitima potestas), muss von staatlicher Seite geführt werden und auf eine Wiederherstellung der rechten Ordnung (recta intentio) abzielen.[30] Im Kontext des abendländischen Christentums trat insbesondere das Ziel der Wiederherstellung eines gerechten Friedens, der dem unterlegenen Feind auch das Lebensrecht lässt, in den Vordergrund. Darüber hinaus wurden weitere Bedingungen aufgenommen, wie etwa die Verhältnismäßigkeit und die Nichtwidersprüchlichkeit kriegerischer Handlungen mit christlichen Prinzipien. Die Frage nach dem Gerechten Krieg blieb auch im 20. Jahrhundert ein vieldiskutiertes Problem, im Völkerrecht, in den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften, aber auch in der Philosophie und in der Theologie. Die Erfahrungen der beiden Weltkriege, das atomare Wettrüsten und die anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen in vielen Regionen der Welt zwingen zur ständigen Überprüfung und Anpassung dieser traditionsreichen Lehre.

Für die kirchlichen Debatten katholischer Provenienz war ein Meilenstein das Zweite Vatikanische Konzil, das sich im fünften Kapitel der Pastoralkonstitution Gaudium et spes unter der Überschrift „Die Förderung des Friedens und der Aufbau der Völkergemeinschaft“ (77-90) intensiv mit Krieg und Frieden beschäftigte. Einmal mehr wird die Vision und Hoffnung auf eine gerechte und friedliche Welt hervorgehoben und betont, dass Krieg kein Mittel der Konfliktlösung darstellt und dieser in allen seinen Dimensionen eingehegt werden müsse. „Jede Kriegshandlung, die auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiter Gebiete und ihrer Bevölkerung unterschiedslos abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschieden zu verwerfen ist.“ (80) Bemerkenswert ist der Perspektivenwechsel, den das Dokument hier vorantreibt, weg von den Fragen, welche Voraussetzungen denn für einen gerechten Krieg gegeben sein müssten, hin zur Frage, wie kriegerischer Auseinandersetzungen überhaupt vermieden werden können. Als ein Schlüsselelement wird dabei die Gerechtigkeit (ökonomisch, sozial, politisch, kulturell) betont, insofern die Gläubigen aufgerufen sind, „mit Hilfe Christi, in dem der Friede gründet, mit allen Menschen zusammenzuarbeiten, um untereinander in Gerechtigkeit und Liebe den Frieden zu festigen und all das bereitzustellen, was dem Frieden dient“ (77). Unmissverständlich wird hervorgehoben: „Der Friede besteht nicht darin, daß kein Krieg ist; er läßt sich auch nicht bloß durch das Gleichgewicht entgegengesetzter Kräfte sichern; er entspringt ferner nicht dem Machtgebot eines Starken; er heißt vielmehr mit Recht und eigentlich ein »Werk der Gerechtigkeit« (Jes 32,17).“ (78) Die päpstliche Lehrverkündigung hat ihren Fokus auf die (politische, soziale, ökonomische) Gerechtigkeit als zentrale Voraussetzung für den Frieden in weiteren einschlägigen Dokumenten untermauert.[31] Das gilt insbesondere auch für die Lehrverkündigung von Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika Fratelli tutti schreibt: „Friede ist »nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern der unermüdliche Einsatz – vor allem von Menschen, die Ämter von höherer Verantwortung bekleiden –, die oft vergessene und unbeachtete Würde unserer Brüder und Schwestern anzuerkennen, zu gewährleisten und konkret wiederherzustellen, damit sie sich als Hauptakteure des Schicksals ihrer Nation empfinden können«“ (233).[32]

Für den deutschsprachigen Raum sind mehrere Dokumente aus der jüngeren Vergangenheit für die Frage nach einer adäquaten Wahrnehmung von Krieg und Frieden relevant. Einen ersten markanten Punkt in dieser Debatte setzte das Hirtenwort der Deutschen Bischöfe aus dem Jahr 1983 unter dem Titel Gerechtigkeit schafft Frieden.[33] Dieses Dokument bemüht sich um die Konkretisierung der Perspektivenverschiebung des Konzils angesichts des hochgerüsteten Ost-West-Konflikts. Viel zu wenig, so moniert das Hirtenwort, würde auf die Bedürfnisse des globalen Südens Rücksicht genommen, insofern gerade in deren mangelnden ökonomischen Entwicklungschancen eine zentrale Ursache für kriegerische Auseinandersetzungen erkannt wird. Im Jahre 2000 erschien gleichsam als Nachfolgedokument das Hirtenwort Gerechter Friede, das die veränderte geopolitische Lage nach dem Ende der Ost-West-Konfrontation reflektierte.[34] Beide Dokumente tragen im Titel zwei Begriffe, die in der Friedensdebatte mittlerweile untrennbar verbunden sind und einander bedingen, Frieden und Gerechtigkeit. Das eine ist ohne das andere nicht möglich. Umfassende Friedensarbeit und das Bemühen um gerechte Verhältnisse sind der beste Weg, kriegerische Konflikte zu vermeiden. Obwohl das Papier sich intensiv mit den verschiedenen Formen des gewaltfreien Widerstands auseinandersetzt und als Handlungsmaxime favorisiert, flüchtet es nicht in metaphysische Prinzipien, sondern stellt nüchtern fest: Keine Friedenspolitik „hat freilich und wird je Krieg und Gewalt ganz verhindern können“ (68). Vielmehr sei einzugestehen, dass die Pflicht zu gewaltfreiem Handeln niemanden vor der Möglichkeit bewahrt, „dass er in Konfliktsituationen gerät. Das Prinzip der Gewaltfreiheit kann mit der Pflicht konkurrieren, Menschen davor zu schützen, massivem Unrecht und brutaler Gewalt wehrlos ausgeliefert zu sein.“ (67) Durchgängig wird in dem Dokument betont, dass Gewaltlosigkeit ein bevorzugtes und bewährtes Instrument im Kampf gegen die verschiedensten Gewaltverhältnisse ist, aber eben auch ein mitunter begrenztes, das andere Widerstandsformen nicht immer ersetzen kann. Diese wichtige Einschränkung ändert nichts an ihrer prinzipiellen Vorrangstellung. Wenngleich militärische Gewalt nur als „ultima ratio in Betracht“ (151) kommen könne, so fehlt diesem Dokument doch die notwendige Vermittlung von gewaltfreiem und militärischen Handeln.[35] Weitgehend ungeklärt bleibt die Frage, wie sich militärischer und ziviler Widerstand zueinander verhalten und welche Kriterien für welches Handeln relevant sein können. Trotz dieser Leerstellen bietet der Text eine Fülle grundlegender ethischer und völkerrechtlicher Reflexionen für die Anwendung von Gewalt und ihrer Grenzen sowie für die Legitimität eines konkreten militärischen Widerstands. Zugleich weist es auf die notwendige Einbettung „in ein politisches Gesamtkonzept [hin], das von einem möglichst breiten Konsens der Beteiligten getragen ist“ (161).

Auf evangelischer Seite hat die EKD 2007 eine Denkschrift veröffentlicht, die sich aus ihrer reformatorischen Tradition her mit aktuellen friedenspolitischen Grundfragen auseinandersetzt: Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen.[36] Dieses Dokument, das gleich zwei Mal das Wort „Frieden“ im Titel verwendet, folgt der Denkschrift von 1981 Frieden wahren, fördern und erneuern, die noch stark vom Ost-West-Konflikt geprägt war.[37] Das Nachfolgedokument fragt angesichts der sich verändernden Weltlage (Fall des Ostblocks, Jugoslawien- und Golfkriege, Krieg gegen den Terroretc.) nach dem Beitrag des Christlichen für eine gerechte Welt. Der Fokus des Dokuments liegt auch hier deutlich auf einer gerechten Friedensordnung, betont wird abermals der Vorrang ziviler und gewaltfreier Konfliktbearbeitung, das uneingeschränkte Festhalten am Völkerrecht, die Notwendigkeit umfassender Präventionsbemühungen, die Bewahrung und Förderung eines gerechten Friedens. Die traditionelle Lehre vom Gerechten Krieg wird klar verabschiedet, im Rahmen „des Leitbilds vom gerechten Frieden hat die Lehre vom bellum iustum keinen Platz mehr“ (102). Zugleich wird festgehalten, dass militärische Gewalt nur eine ultima ratio sein könne, die entscheidende Perspektive bestehe in einem umfassenden gerechten Frieden. Die Kundgebung der 12. Synode der EKD in Dresden 2019, Kirche auf dem Weg der Gerechtigkeit und des Friedens,[38] geht noch einen Schritt weiter, indem sie nicht nur die „Überwindung der Logik der Gewalt“, sondern ganz konkrete Schritte der Umsetzung einer umfassenden Friedensordnung fordert. Dies impliziert faire Handelsbeziehungen, ein gerechtes Asylsystem und weitere Rüstungskontrolle, darüber hinaus werden auch konkrete Maßnahmen in Bezug auf Cyberangriffe, Killerroboter, Atomwaffen („ein Global Zero: eine Welt ohne Atomwaffen“) eingefordert.

In all den Debatten und Positionierungen der letzten Jahrzehnte haben sich die Konturen der christlichen Friedensethik sehr entschieden und ohne Einschränkung in Richtung Gewaltfreiheit, umfassende Gerechtigkeit (ökonomisch, politisch, sozial), präventive Friedensarbeit und grundlegende Ächtung des Krieges hin entwickelt. Auch wenn die Möglichkeit militärischer Aggression stets in Rechnung gestellt wurde, so schien sie eher eine theoretische Möglichkeit zu sein, zumindest für die westliche Welt völlig unvorstellbar; eine militärische Aggression mitten in Europa, es schien – auch und besonders nach den Balkankriegen – undenkbar zu sein? Vor diesem Hintergrund, dass mit dem Überfall auf die Ukraine passiert ist, was eigentlich nicht passieren konnte bzw. man dachte, dass es nie passieren werde, schlug die Schockstarre vielfach in vorschnelle Forderungen nach einer Revision der christlichen Friedensethik um.

  • Bedarf die christliche Friedensethik einer Revision?

Auch wenn die verschiedenen Dokumente natürlich keine Antwort auf den brutalen Überfall des russischen Militärs geben, so bleiben die Grundzüge der christlichen Friedensethik dennoch uneingeschränkt gültig. Es ist nach wie vor richtig, dass Waffen vom Prinzip her keinen Frieden schaffen können und Gewalt nie ein Mittel der Konfliktlösung sein kann.[39] Diese Grundsätze sind mit dem Faktum einer militärischen Aggression bzw. eines Angriffskrieges in Europa nicht widerlegt oder an ihre Ende gekommen. Widerlegt und an ihr Ende gekommen ist einzig und allein jene Lesart der christlichen Friedensethik, die keinerlei Ambivalenzen und Aporien kennt, in deren Konstrukt nur ein widerspruchsfreies großes Ganzes Legitimität beanspruchen kann. Auf jede Frage weiß sie bereits die Antwort, in gesinnungsethischer Zuspitzung interessiert sie sich nicht für die Widersprüchlichkeiten der Realität, sondern hält am Ideal der Gewaltfreiheit fest, ohne sich deren Grenzen offen zu stellen.[40] Nur aus einer solchen Logik lassen sich die Forderungen nach einer Totalrevision der christlichen Friedensethik erklären. Die Forderung auf einen Verzicht militärischen Widerstands (und damit auf die Lieferung von Waffen) wird mit dem an sich richtigen Argument begründet, wonach solches Handeln keinen Frieden bringe. Vielmehr würden Formen des gewaltfreien Widerstands die Chance auf Erfolg erhöhen. Abgesehen davon, dass in der derzeitigen Eskalationssituation die Voraussetzungen dafür fehlen, ist hier mit Daniel Bogner zu fragen: „Sich dem Aggressor freiwillig zu ergeben, um mit zivilem Widerstand ihn danach wieder zu vertreiben – ohne irgendeine Aussicht, wie viele Jahrzehnte das dauern könnte, während der Hegemon Fakten schafft?“[41] Gleichzeitig führt die forcierte Forderung nach massiver Aufrüstung an den Außengrenzen der NATO sowie nach einem (indirekten oder direkten) militärischen Eingreifen von NATO-Staaten in die destruktive Eskalationslogik kriegerischer Gewalt, wie sie vorher am Beispiel des sog. „Sicherheitsdilemmas“ ausgeführt wurde.

Aus dieser Dilemmasituation einer durch den Krieg eng begrenzten Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit in eskalierten Gewaltsituationen gibt es kein vorschnelles Entrinnen: weder in die eine noch in die andere Richtung. Der Hang zum widerspruchsfreien Ganzen und Festhalten an den hehren Prinzipien mag womöglich guter katholischer Tradition entsprechen, aber er wird der Wirklichkeit in ihrer Widersprüchlichkeit nicht gerecht. Er löst die Spannung zwischen Wahrnehmung kriegerischer Handlungen in einer Situation eskalierter Gewalt und dem ethischen Ziel von Gewaltverzicht und Friedenshandeln scheinbar zugunsten eines abstrakten ethischen Prinzips auf. Jedoch: Es gibt unauflösbare Probleme, Entscheidungen, von denen man nicht weiß, ob sie wirklich gut und richtig sind. Hans-Joachim Höhn trifft einen zentralen Punkt, wenn er schreibt: „Es gehört zur moralischen Redlichkeit, sich darüber klar zu werden, dass der Kampf gegen das Böse tragische Züge annehmen kann: Es gibt Hilfsangebote, welche die Lage verschlimmern. Unterlässt man sie, verschlechtert sich die Lage erst recht. Man hat die Wahl zwischen zwei gleich großen Übeln. Und das Unterlassen dieser Wahl erzeugt ein drittes Übel.“[42] In Bezug auf die Ukraine und ihrer Forderung nach mehr und weiter gehenden Waffenlieferungen bedeutet dies, dass eine Verweigerung ihr Leid womöglich vergrößern würde, aber mit der Lieferung man womöglich ebenfalls Schuld auf sich lädt. Es gibt ausweglose Situationen, in denen keine Entscheidung per se richtig sein kann – aber man trotzdem solche treffen muss. Aus einer theologischen Perspektive findet hier das Konzept der Erbsünde, das in Geschichte und Gegenwart so vielen grundlegenden Missverständnissen ausgesetzt war, seine tiefe Berechtigung und offenbart seinen wahren Kern: Die Welt, in der wir leben, ist nun einmal nicht perfekt und heil. Was immer man an Gutem versucht, es ist damit nicht automatisch gegeben, dass es auch Unheil bringt. Unsere Handlungen führen uns bisweilen sogar oft noch tiefer in Schuldverhältnisse hinein, trotz bester Absicht, trotz größter Prinzipientreue. Höhn bedauert, dass es in der katholischen Kirche derzeit nur wenig überzeugende Versuche gibt, „eine genuin religiöse Umgangsform mit Situationen anzubieten, in denen sich ein moralisches Dilemma, eine existenzielle Aporie und eine tragische Verstrickung manifestiert. Ihre Symbolsprache und ihre Symbolhandlungen vermehren eher diese Verlegenheit als dass sie überwunden wird.“[43] Die am 25. März 2022 von Papst Franziskus vollzogene Weihe Russlands und der Ukraine an das Unbefleckte Herz Mariens reiht sich in diese Ratlosigkeit ein.

Es bleibt gültig: Jeder Krieg hinterlässt die Welt schlechter als sie vorher war.[44] Aber brutale militärische Aggression erzeugt eine aussichts-lose Situation, auf die es nicht DIE richtige Antwort gibt. Möglicherweise gar keine richtige, sondern nur mehr oder weniger falsche Antworten! Sie lässt sich ebenso wenig allein mit dem Appell an Gewaltlosigkeit beantworten wie mit der Forderung nach immer mehr und immer wirksameren Waffen. Was also wäre jetzt aus christlicher Perspektive vordringlich?

5. Mögliche Konsequenzen

Wie aus dem Vorangegangenen ersichtlich, ist es uns nicht möglich, ästhetisch und ethisch eindeutige Autorität beanspruchende Antworten auf die Dilemmasituation christlicher Friedensethik geben zu können. Was uns möglich ist, sind Vorschläge für mögliche Wahrnehmungs- und Handlungsperspektiven christlicher Ethik, die sie in die gesellschaftliche Debatte um diesen Krieg einbringen kann.

Erstens: „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“ (Walter Benjamin). Christliche Friedensethik wird nicht darum herumkommen, in eine intensive Auseinandersetzung mit dem politik- und militärwissenschaftlichen Forschungsstand zu aktuellen Kriegen und kriegerischen Auseinandersetzungen einzutreten, um ihre Wahrnehmung zu schärfen und in diesen Diskursen mitsprechen zu können.

Zweitens: Aus dieser Auseinandersetzung erscheint es uns sinnvoll, eine differenzierte ästhetisch und ethisch geschulte Wahrnehmung von Kriegs- und Gewaltrealitäten zu entwickeln, die auch deutlich werden lässt, wie begrenzt unsere Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeit in der jeweils akuten Kriegssituation ist. Diese differenzierte Wahrnehmungsfähigkeit ermöglicht, den langen Weg von der Wahrnehmung zum ethischen Urteil auf sich zu nehmen und ihn nicht durch vorschnelle abstrakte Formeln einer Friedensethik zu überspringen.

Drittens: Christlicher Pazifismus ist nicht ein fertiges Set von vorgefassten ethischen Prinzipien, die es den jeweiligen Akteuren kriegerischer Konflikte zu verkünden gälte. Christlicher Pazifismus ist ein mühevoller, der eigenen Grenzen und Widersprüche bewusster Prozess der kritischen Auseinandersetzung mit kriegerischer Gewalt vor dem Horizont der Reich-Gottes-Erwartung. Er macht sich auf die Suche nach Möglichkeiten Gewalt begrenzenden und Gewalt beendenden Handelns – auf allen Ebenen, auf der Ebene zwischenmenschlicher Not-Hilfe ebenso wie auf der zwischenstaatlicher Diplomatie.

Viertens: „Wer aber den Frieden will, der rede und handle für Frieden.“ Christliche Friedensethik formuliert in erster Linie so konkret und handlungsorientiert wie möglich die Selbstverpflichtungen christlicher Gemeinden und Kirchen, sich an ihrem jeweiligen Standort auf den „Weg des Friedens“ zu machen: sei es in der Unterstützung gerechter Selbstverteidigung, in der Für-Sorge für die ohnmächtigen Opfer der Kriege, sei es in der notwendenden und gerechten Aufnahme von Geflüchteten, die durch Kriege und ihre Folgen vertrieben wurden – gleichgültig ob sie „Europäer*innen“ seien oder aus anderen Kontinenten nach Europa geflüchtet sind.

Fünftens: Christliche Friedensethik hält konsequent am Primat gewaltfreier Konfliktlösungsstrategien fest. Sie legt ihren Fokus auf die Entwicklung gerechter ökonomischer, politischer, ökologischer und sozialer Strukturen und setzt alles daran, mit friedlichen Mitteln, durch Dialog, Gespräch, und Verständnis Frieden zu gewinnen. Dieser Primat bleibt gültig, auch wenn er in bestimmten Situationen, wie jetzt etwa im Ukraine-Krieg, völlig aussichtslos erscheint und keinen Ausweg bietet. Das ist tragisch, deprimierend und lässt Reaktionen zwingend erscheinen, die militärischen Widerstand bzw. militärische Unterstützung des Widerstands implizieren. Dies kann aber auch zu anderen Reaktionen wie humanitärer Hilfe oder gewaltfreiem Widerstand führen. Und beides kann politisch notwendig und moralisch geboten sein, ohne unmittelbar zu Lösungen zu führen.  Krieg bleibt in jedem Fall eine Niederlage für die Menschheit.

Alois Halbmayr lehrt Systematische Theologie an der Universität Salzburg.

Josef Mautner ist Literaturwissenschafter und kath. Theologe sowie in der regionalen Menschenrechtsarbeit engagiert. www.josefmautner.at


[1] Vgl. Wolfgang Welsch: Ästhetisches Denken, Stuttgart 1960.

[2] Siehe u.a.: Wolfgang Welsch: Grenzgänge der Ästhetik, Stuttgart 1996, 20f.

[3] Ein Beispiel dafür wären Aufrufe zu sofortigem Gewaltverzicht – auch an das ukrainische Militär.

[4] Die „Normative Kraft des Faktischen“ ist ursprünglich eine Rechtsfigur, die vom Auseinanderfallen von Geltung und Wirksamkeit ausgeht: Georg Jellinek: System der subjektiven Öffentlichen Rechte. Freiburg 1892.

[5] Im Sinne von Walter Benjamins Diktum, das eine abstrakte pazifistische Doktrin kritisiert „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg.“ (in der „Friedensware“ übertitelten Rezension von Fritz von Unruhs Buch „Flügel der Nike – Buch einer Reise“).

[6] Im Sinne einer dialektischen Erweiterung von Benjamins Diktum: „Wer den Frieden will, reden von Krieg UND Frieden.“

[7] Vgl. Bernd Harbeck-Pingel: Ethische Wahrnehmung. Eine systematisch-theologische Skizze, Aachen 1998, 139ff.

[8] Bereits einer der Vorläufer einer christlichen Sozialethik „nach Auschwitz“, Theodor Steinbüchel, hat im Dialog mit den „religiösen Sozialisten“ die Bedeutung der Reich-Gottes-Theologie für eine ethische Wahrnehmung gesellschaftlich-politischer Krisen formuliert: Das Problem „Religion und Sozialismus“ von Kettelers Tagen bis auf unsere Zeit, 74. In: ABK (Akademische Bonifatius Korrespondenz) 42 (1927/28), Nr. 2, 65-108. Zur Reich-Gottes-Theologie als perspektivischer Rahmen christlicher Sozialethik vgl. u.a.: Andreas Lienkamp: Das Reich Gottes als Zielperspektive christlicher Sozialethik, in: JCSW 45 (2004) 189-210.

[9] So etwa die Pointe des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberg, einem der zentralen Reich-Gottes-Gleichnisse im Matthäusevangelium: Mt. 20, 1-16.

[10] So schrieb bereits der chinesische Militärstratege Sunzi in seiner „Kunst des Krieges“: „Jede Kriegsführung beruht auf Täuschung.“ (Marie-France Hirigoyen: Die Masken der Niedertracht, München 2010, 126)

[11] Möglicherweise in großer, noch nicht absehbarer Zahl (in Butscha sprechen ukrainische Behörden von über 400 Toten).

[12] Dokumentiert u.a. in dem Bericht zu Völkerrechts- und Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine im Rahmen des Moskauer Mechanismus der OSZE; siehe: https://www.sueddeutsche.de/politik/ukraine-kriegsverbrechen-osze-1.5566654; https://www.derstandard.at/story/2000134964224/kriegsverbrechen-in-derukraine-glaubhafte-nachweise (alle Webadressen, auf die im Text hingewiesen wird, wurden im Mai 2022 zuletzt aufgerufen).

[13] … und der in dieser Form nur selten vorkommt, ließe sich ergänzen. Siehe: Schriftsteller Klay zur Ukraine: „Gerechter Widerstand gegen eine ungerechte Kriegsaggression“ – Buchneuerscheinungen – derStandard.at › Kultur.

[14] Timofei Sergeitsev: Was Russland in Bezug auf die Ukraine tun sollte“; der Beitrag erschien kurz nach Bekanntwerden des Massakers in Butscha. Berichte darüber in: Focus online, Der Tagesspiegel u.a.

[15] Focus online: Jetzt sagt Russland es offen: Die Ukraine soll ausgelöscht werden. (www.focus.de/ukraine-krise.de; abgerufen im März 2022)

[16] https://de.euronews.com/2022/03/25/tote-russen-ukraine.

[17] Jan Assmann spricht z.B. von einer „kontradistinktiven Ausgrenzung“ der ägyptischen Kultur aus den Diskursen der biblischen Texte: Jan Assmann: Erinnerung und Identität -der ägyptische Weg, 139. In: Ulrich Baumgärtner / Waltraud Schreiber (Hg.): Geschichts-Erzählung und Geschichts-Kultur. Münchner geschichtsdidaktisches Kolloquium, Heft 3. München 2001, 137-158.

[18] Vgl.: Roland Barthes: Die Lust am Text. Frankfurt/Main 1974, 10. Roland Barthes charakterisiert „plappernde Texte“ als „Imperativisch“, „automatisch“ und „lieblos“.

[19] Wie etwa Ernst Jünger den Krieg als Erfahrung heroischer Initiation eines männlichen weißen Selbst beschrieben hat: Ernst Jünger: In Stahlgewittern; vgl. die historisch-kritische Ausgabe von Helmuth Kiesel bei Klett-Cotta 2013.

[20] Braucht der Westen Autokraten, um Putin zu bekämpfen? – Kommentare der anderen – derStandard.at › Diskurs.

[21] https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/12-vergessene-krisen-2022/256682.

[22] Schriftsteller Klay zur Ukraine: „Gerechter Widerstand gegen eine ungerechte Kriegsaggression“ – Buchneuerscheinungen – derStandard.at › Kultur.

[23] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1162027.ukraine-krieg-von-soeldnern-und-soldaten.html.

[24] www.focus.de/politik/ausland/ukraine-krise/toedlich-praezise-mit-welchen-waffen-die-ukraine-erstaunliche-erfolge-erkaempfte_id_61389420.html.

[25] Vatikan: Papst gegen Erhöhung der Rüstungsausgaben: „Das ist verrückt“ – religion.ORF.at.

[26] Vgl.: John Herz: Idealistischer Internationalismus und das Sicherheitsdilemma, in: Ders.: Staatenwelt und Weltpolitik, Hamburg 1974, 39–56.

[27] Eine vergleichbare Dynamik hat letztendlich zum Ausbruch des Ersten großen Kontinentalkrieges 1914 geführt; siehe: Christopher Clark: Die Schlafwandler. Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, München 2015, 457f.

[28] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/ukraine-krieg-und-kirchen-in-der-wirklichkeit-angekommen-17867462.html.

[29] https://zeitzeichen.net/node/9604. Ähnlich Christoph Markschies unter: https://www.evangelisch.de/inhalte/198211/09-03-2022/markschies-wir-waren-zu-naiv

[30] Vgl. dazu: Georg Kreis (Hg.): Der „gerechte Krieg“. Zur Geschichte einer aktuellen Denkfigur, Basel 2006; Reiner Steinweg (Hg.): Der gerechte Krieg. Christentum, Islam, Marxismus, Frankfurt am Main 1980; Christian von Starck (Hg.): Kann es heute noch gerechte Kriege geben?, Göttingen 2008.

[31] Als herausragend kann hier sicher die Enzyklika „Populorum Progressio“ von 1968 gelten, insofern sie die Bedeutung der ökonomischen Entwicklung und eine globale Gerechtigkeit als Grundvoraussetzung für den Frieden hervorhebt (https://www.vatican.va/content/paul-vi/de/encyclicals/documents/hf_p-vi_enc_26031967_populorum.html).  

[32]Das Zitat ist aus: Ansprache bei der Begegnung mit den Vertretern der Regierung, der Zivilgesellschaft und mit dem Diplomatischen Korps, Maputo, Mosambik (5. September 2019): L’Osservatore Romano (dt.), Jg. 49 (2019), Nr. 37 (13. September 2019), 6.

[33] https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/deutsche-bischoefe/DB48.pdf
(1991 neu aufgelegt und um Erklärungen zum Golfkrieg ergänzt).

[34] https://docplayer.org/52845138-Die-deutschen-bischoefe-nr-66-gerechter-friede.html. Zur Kritik an diesem Hirtenwort vgl. Heinz-Gerhard Justenhoven, Rolf Schumacher: »Gerechter Friede« – Weltgemeinschaft in der Verantwortung. Zur Debatte um die Friedensschrift der deutschen Bischöfe, Stuttgart 2003 (Download unter: https://core.ac.uk/download/pdf/71739126.pdf).

[35] So wirken die Artikel 129-161 („Bedeutung und Grenzen militärischer Mittel“) als Einschub.

[36] https://www.ekd.de/friedensdenkschrift.htm.

[37] Ebd.

[38] https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/Kundgebung-Kirche-auf-dem-Weg-der-Gerechtigkeit-und-des-Friedens.pdf.

[39] Das ist auch der durchgängige Tenor der Enzyklika „Fratelli tutti“.

[40] Vgl. dazu in Weiterführung der Debatte um den Offenen Brief von Alice Schwarzer die Auseinandersetzung zwischen Kurt Remele und Anton Pelinka über die Bedeutung des christlichen Pazifismus. Hier wird einmal mehr sichtbar, wie die Ausblendung der inhärenten Ambivalenzen in Stereotype führt: https://www.derstandard.at/story/2000135478317/wo-sich-feministin-und-papst-treffen; https://www.derstandard.at/story/2000135567819/putin-und-der-pazifismus-katholisches-wunschdenken.

[41] Daniel Bogner: Zeitenwende. Ein Ethos des Friedens nach 2/24, in: feinschwarz (https://www.feinschwarz.net/zeitenwende-ein-ethos-des-friedens-nach-2-24/). Und Bogner fügt hinzu: „Mein Eindruck ist: Solche Empfehlungen kommen aus einem (West-) Deutschland, das sein politisches Existieren-Dürfen nicht selbst erringen musste, sondern das es (vor allem von Amerika) geschenkt bekam. Und warum nur, das frage ich mich, wird der Ghandi-Appell so oft ans Aggressionsopfer gerichtet (Selenskyj soll nicht immer mehr Waffen fordern), nicht aber zuerst an den barbarisch auftretenden Aggressor adressiert?! Es ist der blinde Fleck bei so vielen friedensbewegten Appellen.“

[42] Von Verdun nach Kiew. Granaten- und Gedankensplitter. Ein biographisch grundierter Text zum Krieg in der Ukraine von Hans-Joachim Höhn, in: https://www.feinschwarz.net/von-verdun-nach-kiew/.

[43] Höhn, Von Verdun nach Kiew.

[44] Fratelli tutti 261. „Krieg ist ein Versagen der Politik und der Menschheit, eine beschämende Kapitulation, eine Niederlage gegenüber den Mächten des Bösen.“ (261) vgl.: https://www.vatican.va/content/francesco/de/encyclicals/documents/papa-francesco_20201003_enciclica-fratelli-tutti.html.

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