Besprechungen „Keine Erde mehr…“

Podcast: Gespräch zwischen Georg Wimmer und Josef P.Mautner in der Radiofabrik:https://cba.fro.at/530005

Podcast: Zu Gast bei Fvonk dich frei: https://cba.fro.at/544796

Buchtipp: Initiative Kirche von unten: https://www.ikvu.de/

Besprechung:

Kirchenzeitung Erzdiözese Salzburg: Quelle: https://www.meinekirchenzeitung.at/salzburg-tiroler-teil-rupertusblatt/c-gesellschaft-soziales/gedichte-fuer-namenlose_a30066

Ein Gedicht aus dem Zyklus „Keine Erde mehr für deine Füße“ ist inzwischen vom „Literaturpodium“ in die „höchste Auswahlrunde“ (98 von 3000 Gedichten) des „Brandenburger Lyrikwettbewerbes“ 2021 aufgenommen worden:

„Als die Leiber der Flüchtenden,

lebendiggequält von

Schmerzen, Hunger und Angst,

auf den Niemandswegen der Flucht

In die Nacht des Todes verschwanden,

blieb nichts von ihnen zurück:

ausgelöscht die Namen,

die Laute, Gesichter.

Als wären sie nie

Am Leben gewesen.

Aus dem Nichts

Erhob sich die Zahl:

Endlose Kolonnen von Zahlen,

gespien in eine Welt

der toten Dinge, immer neu,

immer anders, immer

korrigiert ins endlose Mehr –

nach „oben“ sagen sie …

Zahlen,

aus todgewohnten Gehirnen

geboren, sind sie

die Chiffren eures Verschwindens,

damit wir vergessen können,

was ihr wart:

Leiber, Namen,

Gesichter und Worte:

Einfach ein ICH.“

Besprechung:

Kirchenzeitung Erzdiözese Salzburg: Quelle: https://www.meinekirchenzeitung.at/salzburg-tiroler-teil-rupertusblatt/c-gesellschaft-soziales/gedichte-fuer-namenlose_a30066

Ingrid Burgstaller: Gedichte für Namenlose

Zehntausende Menschen haben auf der Flucht nach Europa ihr Leben verloren. Sie ertrinken im Mittelmeer oder verdursten auf dem Weg dorthin in der Wüste. Wie kann man den Toten, die nicht mehr für sich sprechen können, eine Stimme geben? Josef P. Mautner hat genau das getan – mit Gedichten.

Josef „Pepo“ Mautner ist Mitbegründer der Plattform für Menschenrechte in Salzburg. Er hat Erfahrungen aus Jahrzehnten in der Arbeit mit Geflüchteten und zu Flucht und Asyl immer wieder Stellung bezogen. Die Situation der Menschen und ihrer Geschichten hat er hautnah mitbekommen. Er kennt ihre Orientierungslosigkeit und die Erzählungen vom Auseinanderreißen der Familien. Ihm sind die Fragen und Hürden gut bekannt, mit denen sie in der Aufnahmegesellschaft beschäftigt sind und die ein wirkliches Ankommen so schwierig oder gar unmöglich machen.

Das Schreiben der Gedichte, erzählt er, sei für ihn eine Art Verarbeitung gewesen. „Als ich 2018 angefangen habe, stand nicht die Idee, ein Buch daraus zu machen. Die Gedichte waren für mich persönlich ein Versuch mit den Gefühlen und mit den starken Erfahrungen, die mit dem Thema für mich verbunden sind, umzugehen.“

Emotionen in Texte verpackt

Der Theologe und Germanist hat für sein Werk mit dem Titel „Keine Erde mehr für deine Füße“ die Sprachform der Lyrik gewählt. „Lyrik ist ein Minderheitenprogramm“, ist sich Mautner im Klaren und berichtet von Reaktionen auf sein Buch: „Einige Leute haben mir überrascht gesagt, bei Flucht und Migration, da wäre ich doch nie auf Gedichte gekommen.“ Für ihn sei es eine Sprachform, die eine sehr starke Emotionalität habe. „Was mich auch zu den Ge-dichten geführt hat, war dass ich wie im Studium wieder angefangen habe Gedichte von Nelly Sachs zu lesen.“ Ihre Dichtungen entstanden unter dem Schmerz der Shoah und als Antwort auf ihn. „Aber Flucht, Fluchterfahrungen und das Fremdsein spielen bei ihr ebenfalls eine große Rolle.“

Mautner tritt in seinem Buch in einen Dialog mit den Gedichten von Nelly Sachs. Seine Texte bauen, wie er selbst beschreibt, an einer Sprache für die Überlebenden und Toten der Fluchtwege nach Europa. Zehn der 35 Gedichte sind Collagen zugeordnet. Sie stammen von einem Künstler, der selbst einen langen Fluchtweg hinter sich hat und einen weiteren vor sich. „Nach dem negativen Entscheid über seinen Asylantrag ist er weitergewandert. Wo er sich nun aufhält, weiß ich nicht“, sagt Mautner.

Seine Agenda: Menschenrechte

Bis zu seiner Pensionierung im Vorjahr war Josef Mautner Geschäftsführer des Bereichs „Gemeinde und Arbeitswelt“ in der Katholischen Aktion (KA) Salzburg. Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass das Thema Menschenrechte in der Erzdiözese Salzburg einen hohen Stellenwert einnimmt.

Besprechung:

geschrieben am 04.11.2022 von Lisa F. Oesterheld, bewertet mit 5/5 Sternen 

Dieses Buch geht unter die Haut. Die Kraft der Poesie trotzt unserer Gleichgültigkeit. Gekonnt setzt der Autor seine Gedichte in Correspondenz zu Gedichten von Nelly Sachs, die diese im Exil schrieb. Collagen eines Geflüchteten aus Strichzeichnungen und Textfragmenten verdichten die Aussagen Wir werden der Schönheit der Verstorbenen gewahr, die zu Herzen geht. Zugleich wird uns die Tragik des Sterbens der Fliehenden im Mittelmeer vor Augen geführt. – Ein Buch, das Spuren hinterlässt und nach Antwort ruft.

https://www.echter.de/Keine-Erde-mehr-fuer-deine-Fuesse/books/keerm386208/

5,0 von 5 Sternen ein Buch, das Spuren hinterlässt

 Lisa F. Oesterheld

Die Poesie von Josef P. Mautner spricht eine eindringliche Sprache. Er komponiert Gedichte, die sich auf Texte der Exil-Dichterin Nelly Sachs beziehen. Mit seinen Texten gibt er den Migranten ein Gesicht, die bei ihrer Flucht übers Mittelmeer ertranken.

Ohne moralischen Zeigefinger zeigt er deren Würde und Schönheit. Dabei wird uns die Tragik dieser menschlichen Katastrophe vor den verschlossenen Toren Europas vor Augen geführt.
Collagen eines Migranten (mit N.N. signiert) veranschaulichen die Texte in sparsamer Eindringlichkeit.

Das Buch ruft zur Antwort und trotzt der Gleichgültigkeit, gottseidank!

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